Ein spannendes Phänomen, was ich immer wieder sehe ist, dass Patienten mir nach einer Behandlung erzählen, dass die Behandlung Schmerzen stärker gelindert hat, als die vorherige Nutzung eines Schmerzmittels. Das klingt im ersten Moment seltsam und ich würde auch nicht behaupten, dass ich magische Hände habe.
Aber wie kann es dann zu so einem Phänomen kommen? Na ja, es gibt ein paar einfache Erklärungen, warum Patienten nach einer Behandlung schmerzfreier rausgehen, als wenn sie vorher nur ein Schmerzmittel genommen haben. Wir schauen sie uns gemeinsam an und dabei werden Sie erkennen, dass Sie einen Teil davon auch selbst umsetzen können, um Ihre Schmerzen bereits alleine zu lindern.
Entzündung vs. Schmerz
Vermutlich eines der am häufigsten genutzten Schmerzmittel auf dem Markt ist Ibuprofen. Und gerade hierbei, aber auch bei anderen Medikamenten aus dieser Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR), ist die Herausforderung, dass sie hauptsächlich über eine Entzündungshemmung Schmerzen lindern. Das funktioniert dann auch bei Schmerzen, die im Rahmen einer Entzündung auftreten, oft gut bis sehr gut.
Allerdings sind nicht alle Schmerzen durch eine Entzündung bedingt. Es gibt auch viele weitere mögliche Ursachen für Schmerzen, wie Überlastungen (z.B. das Läuferknie) oder chronische Schmerzen, die oft keinen Zusammenhang zu einem Gewebeschaden mehr zeigen. In diesen Fällen werden Sie dann auch über eine Entzündungshemmung wenig schmerzlindernde Effekte erzielen können und vor allem dann können die 5 folgenden Ansätze einer Behandlung eine bessere Wirkung entfalten, als das Schmerzmittel. Allerdings können sie das teilweise auch bei entzündlichen Prozessen.
Ruhe Behandlung
In der Behandlung haben Sie Zeit zur Ruhe zu kommen, bei mir im Normalfall eine ganze Stunde. Wann nehmen Sie sich sonst bewusst diese Zeit für sich und kommen zur Ruhe ohne irgendwelche Ablenkungen?
Dass Stress eine stark Schmerz steigernde Wirkung haben kann, ist ein Punkt, den wir uns bereits mehrfach angeschaut haben. Zur Erinnerung: Stress stellt die Alarmanlage Ihres Körpers sensibler ein, sodass Reize schneller als Schmerz wahrgenommen werden können. Wenn Sie jetzt überlegen, wie Sie das ganze selbst umsetzen können, ganz einfach: Kommen Sie zur Ruhe und sorgen Sie dafür, dass Ihr Stresslevel möglichst gering ist. Vermeiden Sie zusätzliche Stressoren und entspannen Sie sich.
Sie können alleine über die Auswahl Ihres Fernsehprogramms einen Einfluss auf Ihr Stresslevel nehmen. Schauen sie vielleicht nicht den nächsten Horrorfilm oder Thriller an, sondern eine entspannte Komödie, natürlich können Sie auch den Fernseher ganz auslassen und einen Spaziergang im Wald machen. Das wird zum einen Ihrer Stimmung guttun und ein Spaziergang kann auch für sich eine schmerzlindernde Wirkung haben. Zusätzlich können Sie natürlich auch Entspannungsübungen machen.
Berührung
Auch wenn aktive Behandlungen in den meisten Fällen langfristig besser Beschwerden lindern, als passive Maßnahmen, so ist doch die Berührung durch einen anderen Menschen etwas, was zu einer starken Schmerzlinderung führen kann. Mit am schönsten lässt sich das immer beobachten, wenn sich kleine Kinder verletzen. Die Eltern streicheln oder pusten über die verletzte Stelle, nehmen das Kind vielleicht kurz in den Arm und zack sind Schmerzen wie weggeblasen (das Aua, was davon fliegt).
Diese schmerzlindernden Eigenschaften zu nutzen, ist häufig relativ einfach. Nähe in der Partnerschaft, sei es kuscheln, streicheln oder auch Sex. Alles hat schmerzlindernde Eigenschaften.
Aber auch wenn Sie nicht in einer Partnerschaft sind, gibt es einfache Möglichkeiten und bevor Sie drüber nachdenken: ja, auch Selbstbefriedigung kann eine Möglichkeit sein. Ich denke aber zunächst an andere Dinge, wie beispielsweise Faszienrollen (ja, die kann man auch sanft nutzen!) oder Massagegurte.
Kontrollgefühl
Ein weiterer großer Vorteil ist, dass Sie in der Behandlung merken, dass Ihr Schmerz kontrollierbar ist. Im Rahmen von Triggerpunktbehandlungen geben Sie beispielsweise vor, wie intensiv die Behandlung sein soll und darf. Wird es Ihnen zu viel, können Sie Stopp sagen und ich passe die Intensität sofort an.
Auch wenn wir uns gemeinsam anschauen, wie beweglich ein schmerzendes Gelenk ist, geben Sie vor, welche Bewegungen in Ordnung sind und welche nicht. Zudem werden Sie vielfach feststellen, dass der Schmerz sich auch verändert, wenn Sie wirklich locker lassen können und das Gelenk passiv durchbewegt wird. Also die Spannung der Muskulatur, die Ihr Körper vielleicht als Schutzspannung gedacht hat, sorgt dafür, dass es schmerzt und nicht eine Verletzung oder Überlastung.
Sie selbst können das auch zu einem gewissen Grad ausprobieren. Gibt es vielleicht eine Möglichkeit, die Bewegung, die sonst Ihre Schmerzen auslöst, durch kleine Veränderungen so zu modifizieren, dass der Schmerz weniger wird oder sogar verschwindet? Wenn ja, haben Sie auch direkt einen weiteren Behandlungsschritt gefunden. Hierbei ist es dann auch egal, ob Sie nur den Bewegungsweg etwas verkürzt oder die Bewegung tatsächlich anders als gewohnt durchführen. Die Hauptsache ist, dass Sie Ihre Schmerzen reduzieren können.
Schmerzhafter Bereich wird von Fachkraft begutachtet und Ungewissheit wird zu Gewissheit
Unsicherheit kann ein deutlicher Stressor sein und somit auch die Schmerzwahrnehmung erhöhen. Sie wissen nicht sicher, ob ein Gewebeschaden vorliegt und Sie etwas verschlimmern, wenn Sie sich weiter bewegen. Sollen Sie jetzt eine komplette Pause machen oder können Sie dosiert weitermachen, vielleicht sogar leicht in den Schmerz reinarbeiten?
Vielleicht haben Sie auch schon bei Google nachgeschaut, was eine mögliche Ursache sein kann, für Ihre Schmerzen und bist bei zig Diagnosen gelandet, die eine schlimmer als die andere. Hab ich schon mal erwähnt, dass Sie nicht googeln sollten, nach Beschwerden?
Wenn Sie wirklich unsicher sind, suchen Sie den Rat eines Experten und machen zeitnah einen Termin aus. Sie wären nicht der erste, von dem ich mitbekomme, dass eine Gewissheit (selbst wenn etwas geschädigt sein sollte) zu einer Reduzierung der Schmerzen geführt hat.
Es hört sich jemand die Probleme an und geht darauf ein
Der letzte Punkt klingt vielleicht am banalsten, ist aber meiner Meinung nach einer der wichtigsten Punkte: Sie können sich wirklich mal alle Ihre Sorgen, Probleme und Ängste von der Seele reden und Ihnen hört jemand zu und geht darauf ein.
Sprechen Sie mit Ihren Freunden, Ihrem Partner oder jemandem aus Ihrer Familie über Ihre Probleme, Ihre Sorgen und was Sie beschäftigt. Sich den Frust von der Seele zu reden kann viel mehr bewirken, als Sie vielleicht im ersten Moment glauben.
Herzliche Grüße
Katrin Arnold-Nagler
Osteopathin D.O. VFO
Quelle: https://osteo-ries.de/warum-ist-osteopathie-effektiver-als-schmerzmittel